BVL: Organozinnverbindungen und Schwermetalle in Muscheln
Description
Organische Zinnverbindungen werden aufgrund ihrer bioziden und fungiziden Eigenschaften unter anderem in Form von Antifoulingfarben in der Schifffahrt sowie als Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft eingesetzt. Das Hauptanwendungsgebiet der trialkylierten Verbindung Tributylzinn (TBT) sind die sogenannte Antifoulinganstriche, welche den Bewuchs von Schiffen mit Algen und Muscheln verhindern sollen. Die Verbindung Triphenylzinn (TPhT) dagegen findet sich als Wirkstoff in dem Fungizid Fentin. Organozinnverbindungen und Schwermetalle können auf verschiedenen Wegen in das Wasser gelangen und sich über die Nahrungskette in Fischen und Meerestieren anreichern. Besonders Muscheln sind durch ihre Ernährungsform zur Anreicherung von Schadstoffen prädestiniert. Sie filtern das umgebende Wasser, um diesem die Nährstoffe und den Sauerstoff zu entnehmen. Pro Stunde filtert z.B. eine Miesmuschel etwa 2 bis 3 Liter Seewasser. Man bezeichnet Miesmuscheln daher auch als die „Klärwerke des Wattenmeeres“. Organozinnverbindungen besitzen ein hohes ökologisches Schadpotenzial und wirken insbesondere auf Wasserlebewesen stark toxisch. Hervorzuheben ist ihre immuntoxische Wirkung, die von der Art und der Anzahl der Substituenten am Zinnatom abhängt und beim Tributylzinn (TBT) und Triphenylzinn (TPhT) besonders ausgeprägt ist. Das TBT zeigt zudem eine hormonelle Wirkung und beeinträchtigt die Fortpflanzungsfähigkeit von Schnecken und Muscheln. So wurden insbesondere entlang von Schifffahrtsrouten Populationen von Tieren gefunden, die nur noch männliche Geschlechtsmerkmale aufwiesen. Die Verwendung TBT-haltiger Schiffsanstriche ist daher seit 2003 in Deutschland verboten. Für die Schwermetalle Blei, Cadmium und Quecksilber sind neben akuten auch chronische Giftwirkungen bekannt. Zur Begrenzung der Aufnahmemengen sind daher für Schwermetalle Höchstgehalte in Lebensmitteln festgelegt worden. Insgesamt wurden in 2004 im Rahmen des Lebensmittel-Monitoring 203 Proben frischer Muscheln und Muschelerzeugnisse (Muscheln in wässrigem Aufguss, in Tunke oder in Öl) auf ihren Gehalt an zinnorganischen Verbindungen und Schwermetallen untersucht. Die Mehrzahl der untersuchten Proben waren frische Miesmuscheln.
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